Ordnung der Notfallseelsorge in der EKBO
Vom 1. November 2005
I. Präambel
1. Notfallseelsorge ist kirchlicher Dienst an Menschen in besonderen Notlagen.
Notfallseelsorge ist Ausdruck der Fürsorge Gottes, die in Jesus Christus offenbar wird.
Notfallseelsorge ist christliche Hilfe für die verletzte Seele.
2. Die Notfallseelsorge kann durch die schnelle Präsenz am Unglücksort dem Handeln der
Gemeinden und anderer kirchlicher Dienste vorausgehen, ohne diese zu ersetzen. Sie
handelt im einzelnen Notfall. Sie versucht, wo dies angemessen erscheint, eine
weitergehende Begleitung zu ermöglichen.
3. Die Notfallseelsorge ist Aufgabe der Kirche und geschieht in Zusammenarbeit mit
anderen kirchlichen und staatlichen Partnern.
II. Hilfsangebote
1. Auf Anforderung von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und Katastrophenschutz
können Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger binnen kurzer Zeit an Einsatzorte
zur Betreuung von geschädigten und betroffenen Personen in Notfall- und
Krisensituationen gerufen werden.
2. Im öffentlichen Bereich gehören insbesondere Verkehrsunfälle, Brände und
Großschadensereignisse zum Einsatzbereich der Notfallseelsorge.
3. Häusliche Einsätze werden - soweit möglich - an die örtlich zuständigen Seelsorger und Seelsorgerinnen weitergegeben.
4. Konkrete Hilfsangebote können sein
a. Seelsorgerliche Begleitung von Verletzten, Angehörigen und unverletzt Beteiligten durch Zuwendung, Gespräch und Gebet,
b. Gesprächsangebot in Krisensituationen (z.B. Suizidandrohung),
c. Fürsorge für erschöpfte Einsatzkräfte am Unglücksort,
d. Unterstützung der Polizei beim Überbringen von Todesnachrichten.
III. Struktur
1. Im Sprengel Berlin geschieht die Notfallseelsorge gemäß der Ordnung der
Notfallseelsorge in Berlin vom 11. September 2002 (KABl.-EKiBB 2003, S.17) in
gemeinsamer Trägerschaft mit dem Erzbistum Berlin. Die vorliegende Ordnung findet Anwendung, soweit in der in Satz 1 genannten Ordnung nichts Abweichendes geregelt ist.
2. In den Sprengeln Neuruppin und Cottbus geschieht die Notfallseelsorge in Kooperation mit dem Land Brandenburg. Der oder die Beauftragte für die Notfallseelsorge im Land Brandenburg ist der Leiter oder die Leiterin der Konferenz der Beauftragten für Notfallseelsorge/Krisenintervention im Land Brandenburg.
3. Im Sprengel Görlitz geschieht die Notfallseelsorge in Kooperation mit den zuständigen Landkreisen im Freistaat Sachsen. Der oder die Beauftragte für die Notfallseelsorge im Freistaat Sachsen (Sprengel Görlitz) ist der Leiter oder die Leiterin der Konferenz für Notfallseelsorge/Krisenintervention in dieser Region. Er arbeitet in Kooperation mit der oder dem Beauftragten für das Land Brandenburg und ist nach Absprache auch für südbrandenburgischen Raum zuständig.
IV. Beauftragte
1. Für einen oder mehrere Sprengel werden Beauftragte für Notfallseelsorge von der Kirchenleitung berufen. Die Wahrnehmung erfolgt in der Regel im Nebenamt. Die Amtszeit einer oder eines Beauftragten dauert in der Regel sechs Jahre und kann um eine weitere Amtszeit verlängert werden.
2. Der oder die Beauftragte ist ein Pfarrer oder eine Pfarrerin, ein ordinierter Gemeindepädagoge oder eine ordinierte Gemeindepädagogin. Die Beauftragung kann mit der Wahrnehmung eines Polizeipfarramtes verbunden sein.
3. Ist eine Finanzierung durch ein Bundesland, durch Spenden oder andere Mittel möglich, kann der oder die Beauftragte für die Dauer der Beauftragung im Umfang der erstatteten Mittel und in Absprache mit dem zuständigen Gemeindekirchenrat sowie dem Kreiskirchenrat vom Pfarr- oder Gemeindepädagogendienst für den Dienst in der Notfallseelsorge freigestellt werden. Die Freistellung ist unbeschadet des Zeitraums der Berufung zu beenden, wenn die Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen.
4. Der oder die Beauftragte hat folgende Aufgaben:
a. Er oder sie ist für den geordneten Dienst der Notfallseelsorge seines oder ihres Zuständigkeitsbereiches verantwortlich, führt die Geschäfte und vertritt die Notfallseelsorge nach außen.
b. Er oder sie sucht die Unterstützung des Generalsuperintendenten oder der
Generalsuperintendentin sowie der Superintendenten oder der Superintendentinnen
seines Sprengels und wirbt vorrangig in den Pfarr- und Mitarbeiterkonventen für die
Mitarbeit in der Notfallseelsorge.
c. Er oder sie hält Kontakt zu den Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Katastrophenschutz.
d. Er oder sie organisiert in Absprache mit den weiteren Beauftragten und in
Zusammenarbeit mit der Seelsorgeaus-, fort- und -weiterbildung der Landeskirche
Aus- und Fortbildungswochen für Mitarbeitende in der Notfallseelsorge.
e. Er oder sie ruft einen Beirat oder eine Konferenz für Notfallseelsorge für den Bereich seiner oder ihrer Zuständigkeit ein.
f. Er oder sie arbeitet in den Einsätzen der Notfallseelsorge mit.
g. Er oder sie nimmt an der Bundeskonferenz der evangelischen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger teil.
h. Er oder sie legt der Kirchenleitung jährlich einen Rechenschaftsbericht über die
Notfallseelsorge seines oder ihres Zuständigkeitsbereichs vor.
V. Mitarbeitende
1. Seelsorge in Notfällen gehört zu den grundsätzlichen Aufgaben des pfarramtlichen Dienstes. Deshalb sind Mitarbeitende in der Regel Pfarrer und Pfarrerinnen sowie ordinierte Gemeindepädagogen und Gemeindepädagoginnen.
2. Die Mitarbeit anderer kirchlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sowie geeigneter und entsprechend ausgebildeter Gemeindeglieder ist erwünscht. Sie werden von der oder dem Beauftragten den Ordinierten, die in der Notfallseelsorge ihrer Gemeindebereiche und Kirchenkreise tätig sind, zugewiesen.
3. Mitarbeitende in der Notfallseelsorge bilden nach Möglichkeit regionale Teams, die mit dem oder der Beauftragten zusammen arbeiten.
4. Die Mitarbeitenden wahren sowohl die Pflicht zur seelsorgerlichen Verschwiegenheit als auch das Beichtgeheimnis. Eine entsprechende schriftliche Erklärung ist von jedem und jeder Mitarbeitenden bei dem oder der zuständigen Beauftragten abzugeben.
VI. Aus- und Fortbildung
1. Alle Mitarbeitenden sind verpflichtet, vor der Aufnahme der Mitarbeit in der
Notfallseelsorge einen einwöchigen Einführungskurs erfolgreich zu absolvieren.
Ausnahmen sind durch den Nachweis einer vergleichbaren Ausbildung zu belegen.
2. Themen der Aus- und Fortbildung sind:
a. Klärung der eigenen Möglichkeiten und Grenzen in der Seelsorge,
b. Klarheit über die Motivation, anderen helfen zu wollen,
c. Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben,
d. Einfühlende Gesprächsführung,
e. Grundkenntnisse im Umgang mit Trauersituationen,
f. Grundkenntnisse der Psychotraumatologie,
g. Rechtliche Grundlagen,
h. Informationen über Rettungs-, Hilfs- und Beratungsdienste.
3. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Notfallseelsorge sollen regelmäßig an
Fortbildungen teilnehmen.
4. Regionale Teams können im Rahmen der landeskirchlichen Richtlinien Supervision in Anspruch nehmen.
5. Die Kosten für die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
übernehmen die Träger der Notfallseelsorge.
VII. Inkrafttreten
Diese Ordnung tritt am 1. November 2005 in Kraft.